Die Judenbuche by Annette von Droste-Hülshoff
Autor:Annette von Droste-Hülshoff [Droste-Hülshoff, Annette von]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Literatur Online: Kunstguerilla for Freewarez am: 11.10.2000
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Annette von Droste-Hülshoff (1779-1848)
Die Judenbuche
zu erwarten, sei man rasch der andern Seite des Waldes zugeschritten, in der Hoffnung, viel-
leicht noch einen Blick von den Frevlern zu erhaschen. Hier habe sich einem von ihnen beim
Ausgange des Waldes die Flaschenschnur in Brombeerranken verstrickt, und als er umge-
schaut, habe er etwas im Gestrüpp blitzen sehen; es war die Gurtschnalle des Oberförsters,
den man nun hinter den Ranken liegend fand, grad ausgestreckt, die rechte Hand um den Flin-
tenlauf geklemmt, die andere geballt und die Stirn von einer Axt gespalten.
Dies waren die Aussagen der Förster; nun kamen die Bauern an die Reihe, aus denen jedoch
nichts zu bringen war. Manche behaupteten, um vier Uhr noch zu Hause oder anderswo be-
schäftigt gewesen zu sein, und keiner wollte etwas bemerkt haben. Was war zu machen? Sie
waren sämtlich angesessene, unverdächtige Leute. Man muÃte sich mit ihren negativen Zeug-
nissen begnügen.
Friedrich ward hereingerufen. Er trat ein mit einem Wesen, das sich durchaus nicht von seinem
gewöhnlichen unterschied, weder gespannt noch keck. Das Verhör währte ziemlich lange, und
die Fragen waren mitunter ziemlich schlau gestellt; er beantwortete sie jedoch alle offen und
bestimmt und erzählte den Vorgang zwischen ihm und dem Oberförster ziemlich der Wahrheit
gemäÃ, bis auf das Ende, das er geratener fand, für sich zu behalten. Sein Alibi zur Zeit des
Mordes war leicht erwiesen. Der Förster lag am Ausgange des Masterholzes; über dreiviertel
Stunden Weges von der Schlucht, in der er Friedrich um vier Uhr angeredet und aus der dieser
seine Herde schon zehn Minuten später ins Dorf getrieben. Jedermann hatte dies gesehen; alle
anwesenden Bauern beeiferten sich, es zu bezeugen, mit diesem hatte er geredet, jenem zu-
genickt.
Der Gerichtsschreiber saà unmutig und verlegen da. Plötzlich fuhr er mit der Hand hinter sich
und brachte etwas Blinkendes vor Friedrichs Auge. "Wem gehört dies?" Friedrich sprang drei
Schritt zurück. "Herr Jesus! Ich dachte, Ihr wolltet mir den Schädel einschlagen." Seine Augen
waren rasch über das tödliche Werkzeug gefahren und schienen momentan auf einem ausge-
brochenen Splitter am Stiele zu haften. "Ich weià es nicht", sagte er fest. Es war die Axt, die
man in dem Schädel des Oberförsters eingeklammert gefunden hatte. "Sieh sie genau an" fuhr
der Gerichtsschreiber fort. Friedrich faÃte sie mit der Hand, besah sie oben, unten, wandte sie
um. "Es ist eine Axt wie andere", sagte er dann und legte sie gleichgültig auf den Tisch. Ein
Blutfleck ward sichtbar; er schien zu schaudern, aber er wiederholte noch einmal sehr be-
stimmt: "Ich kenne sie nicht." Der Gerichtsschreiber seufzte vor Unmut. Er selbst wuÃte um
nichts mehr und hatte nur einen Versuch zu möglicher Entdeckung durch Ãberraschung ma-
chen wollen. Es blieb nichts übrig als das Verhör zu schlieÃen.
Denjenigen, die vielleicht auf den Ausgang dieser Begebenheit gespannt sind, muà ich sagen,
daà diese Geschichte nie aufgeklärt wurde, obwohl noch viel dafür geschah und diesem Verhö-
re mehrere folgten. Den Blaukitteln schien durch das Aufsehen, das der Vorgang gemacht, und
die darauf folgenden geschärften MaÃregeln der Mut genommen; sie waren von nun an wie
verschwunden, und obgleich späterhin noch mancher Holzfrevler erwischt wurde, fand man
doch nie AnlaÃ, ihn der berüchtigten Bande zuzuschreiben. Die Axt lag zwanzig
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